Shin Marunouchi Center Bldg. 18th Floor
1-6-2 Marunouchi, Chiyoda-ku
Tokyo 100-0005
Tel +81-3-5220-6500
Fax +81-3-5220-6556 (G3)
Fax +81-3-5220-6583 (Rechtsabteilung)
Der japanische Gesetzgeber hat das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz („AÜG“) mehrmals geändert, zuletzt durch Änderungsgesetz vom 11. September 2015, welches neue Regelungen zur Leiharbeit enthält und am 30. September 2015 in Kraft getreten ist. Eine wesentliche Änderung stammt indes aus einem Änderungsgesetz, das bereits 2012 zustande gekommen, doch erst zum 1. Oktober 2015 in Kraft getreten ist: Es verpflichtet Unternehmen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, mit einem entliehenen Arbeitnehmer eines Zeitarbeitsunternehmens unmittelbar ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Den betroffenen Unternehmen ist in den letzten drei Jahren Gelegenheit gegeben worden, ihre Personalpolitik und das Personalwesen an diese Neuregelungen anzupassen. Doch die wichtige Frage der verdeckten Arbeitnehmerüberlassungsverträge (insbesondere Scheinwerkverträge bzw. gizō ukeoi) ist weiterhin aktuell. Im Folgenden soll hierauf und auf die möglichen Auswirkungen bei den Unternehmen eingegangen werden, die Dienstleistungen anbieten oder aber solche in Anspruch nehmen.
Das japanische Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales hatte bereits vor den Änderungen des AÜG Richtlinien zur Bestimmung des Leiharbeits- bzw. Arbeitnehmerüberlassungsgewerbes erlassen, um den Unternehmen die schwierige Differenzierung zwischen zulässigen Verträgen zur Erbringung von Dienstleistungen und verdeckten Arbeitnehmerüberlassungsverträgen zu erleichtern. Soweit das örtlich zuständige Arbeitsamt einen verdeckten Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vorfindet, kann der Dienstanbieter, der die Arbeitnehmerüberlassung ohne entsprechende Gewerbeerlaubnis betreibt, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr und einer Geldstrafe von bis zu JPY 1.000.000 geahndet werden. Kunden konnten ebenso wegen Inanspruchnahme unrechtmäßiger Leiharbeit mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe von bis zu JPY 1.000.000 bestraft werden. Doch auch diese strafrechtlichen Bestimmungen ließen die Kritik nicht verstummen, dass ein stabiles Arbeitsumfeld für den betroffenen Leiharbeitnehmer nicht in ausreichendem Maße sichergestellt sei. So konnte der Kunde den Vertrag mit seinem Auftragnehmer beliebig kündigen, was nicht selten zu einem Arbeitsstellenverlust beim Leiharbeitnehmer führte. Durch die neu in Kraft getretenen Regelungen wird der Kunde und Auftraggeber nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, den Leiharbeitnehmer zur Sicherstellung des Arbeitsverhältnisses direkt anzustellen.
Sobald ein Unternehmen eine Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG betreibt, hat es den strengen gesetzlichen Maßgaben nachzukommen und auch eine entsprechende Gewerbeerlaubnis des Arbeitsministeriums einzuholen. Soweit eine solche Erlaubnis vorliegt, kann das Unternehmen (Verleiher) einen Arbeitnehmer an Dritte (Entleiher) überlassen, der wiederum selbst Weisungs- und Aufsichtsrechte gegenüber dem Leiharbeitnehmer ausüben kann. Liegt dagegen eine behördliche Erlaubnis nicht vor, ist dies rechtlich nicht mehr möglich: Die beteiligten Parteien laufen Gefahr, gegen die Bestimmungen des AÜG zu verstoßen, wenn der Auftraggeber nach einer Arbeitnehmerüberlassung dem Leiharbeitnehmer des Auftragnehmers direkt Weisungen erteilt, wie dieser die Arbeitsleistung zu erbringen hat, so dass der Leiharbeitnehmer z.B. nicht mehr in der Lage ist, nach eigenem Ermessen darüber zu befinden, wie er die Arbeit gemäß dem bestehenden Arbeitsvertrag verrichtet.
So wird ein Unternehmen beim Aufbau einer IT-Infrastruktur oft die Projektentwicklung an ein Beratungsunternehmen ausgliedern, welches wiederum einzelne Berater einsetzen wird, um die Bedürfnisse und Geschäftsabläufe beim Auftraggeber festzustellen und das IT-System vor Ort zu entwickeln. Bei derartigen Projekten kommt es häufig vor, dass das beauftragende Unternehmen Weisungen gegenüber diesen Beratern erteilt und diese auch beaufsichtigt, um das IT-System den Unternehmensanforderungen anzupassen. Solche Handlungen können als eine unzulässige Überwachung des Leiharbeitnehmers durch den Auftraggeber verstanden werden, so dass es sich dann beim Vertrag mit der Beratungsgesellschaft um einen verdeckten Arbeitnehmerüberlassungsvertrag handelt. Das Beratungsunternehmen hätte damit gegen Bestimmungen des AÜG verstoßen, wenn es nicht über die für die Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis verfügt. Der Auftraggeber könnte nun auf Verlangen des entliehenen Beraters gehalten sein, diesen direkt anzustellen.
Nach Inkrafttreten der fraglichen AÜG-Regelungen am 1. Oktober 2015 wird das Arbeitsministerium sicherlich erbrachte Dienstleistungen verstärkt im Hinblick auf verdeckte Arbeitnehmerüberlassungsverträge überwachen. Deshalb werden sich Beratungsunternehmen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Ingenieurbüros, Rechtsanwaltskanzleien und auch sonstige Unternehmen, die Dienstleistungen erbringen oder aber solche in Anspruch nehmen, über die erhöhte Gefahr eines Verstoßes gegen das AÜG bewusst sein müssen.
In welchem Maße und mit welcher Härte das japanische Arbeitsministerium den Dienstleistungsmarkt im Hinblick auf die geänderten Bestimmungen des AÜG überwachen wird, ist noch offen und wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Aus Sicht der dienstleistenden Unternehmen erscheint es notwendig und ratsam, vor allem diejenigen Arbeitnehmer zu schulen, die beim Kunden arbeiten bzw. im engen Kontakt zu Arbeitnehmern des Kunden stehen. Die Richtlinien des Arbeitsministeriums enthalten praktische Leitlinien für Unternehmen, die Dienstleistungen durch ihre Arbeitnehmer erbringen möchten, aber über keine Erlaubnis für eine Arbeitnehmerüberlassung verfügen. So sei z.B. sicherzustellen, dass das Unternehmen
1) Weisungen erteilt, wie der Leiharbeitnehmer seinen Leistungspflichten nachzukommen hat;
2) die Arbeitszeiten des Leiharbeitnehmers einschließlich Überstunden, Pausenzeiten sowie Feier- und Urlaubstagen bestimmt;
3) die Leistungen des Leiharbeitnehmers bewertet; und
4) bei unangemessenem Verhalten die Verantwortung für die Disziplinierung des Leiharbeitnehmers übernimmt.
Die Richtlinien weisen auch darauf hin, dass die Dienstleistungen eines Unternehmens ohne Gewerbeerlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung spezielle Fähigkeiten und Erfahrungen umfassen sollten, wohingegen bei der Überlassung von Arbeitskräften zur Verrichtung körperlicher Arbeit eine Kollision mit dem AÜG naheliegt.